Manchmal belustigt es mich, wenn man mir sagt, dass meine Arbeit ja eigentlich nur daraus bestehen würde, dass ich zuhöre. Ich meine, ja, faktisch ist das richtig aber es ist einfach so viel mehr als nur Zuhören.
Wenn jemand ein guter Maurer werden will, dann geht er in eine Ausbildung und lernt dort sein Handwerk. Er lernt seine Arbeitsmaterialien kennen und er wiederholt die Arbeitsschritte unzählige Male, bis die Ausbildung abgeschlossen ist und vielleicht wird aus ihm sogar, wenn er weiter viel übt und sich in seinem Fach weiter bildet, ein Meister. Niemand würde einem solchen Menschen sagen, dass er ja nur Mauern bauen würde, denn jeder Mensch weiß, dass es gar nicht so einfach ist, eine gerade, professionelle Mauer zu bauen.
Sicher hören wir alle oft anderen Menschen zu. Zuhören kann einfach auch die normale soziale Interaktion sein. Sie ist wichtig und wertvoll und gibt dem zwischenmenschlichen Erleben überhaupt erst ihren Sinn. Dies ist eine Ebene des Zuhörens und auch hier kann man mit der Zeit professionell werden, einfach durch Übung und indem man heraus findet, was in der Interaktion funktioniert und was nicht. So kann man unterhalten, so kann man seinen Mitmenschen natürlich auch ein gutes Gefühl geben.
Wenn es darum geht Menschen auf ihrem Lebensweg weiter zu helfen, dann braucht es aber eine andere Art des Zuhörens. Eine, die vollkommen auf das Gegenüber ausgerichtet ist. Da wo soziales Zuhören eher einem Tischtennisspiel gleicht, in dem die Teilnehmer einen in etwa gleichen Redeanteil haben, ist es beim aktiven Zuhören viel eher so, dass der Coach viel weniger Redeanteil hat, denn es ist seine primäre Aufgabe zu verstehen und wirklich aufzunehmen was sein Gegenüber mitteilt und was ihm wichtig ist. Dabei hat Verstehen viel mehr mit emotionalem Verständnis, also Mitgefühl zu tun, als mit dem logischen nachvollziehen der Aussagen.
Es ist wie in der Physik oder in der Chemie, in der Energie immer nur dann fließen kann, wenn es ein Ladungsgefälle gibt, also einen Plus- und einen Minuspol. Ist ein Coach nicht in der Lage die Inhalte seines Gegenübers zu verstehen, mitzufühlen und aufzunehmen, so kann kein Fluss zustande kommen, die Informationen bleiben verschlossen und können nicht verarbeitet werden.
So gehört zum wirklich aktiven Zuhören vor allem ein tiefes Verständnis für die Gefühle, Probleme und Sorgen des Gegenübers sowie der innige Wunsch Diese auch wirklich kennen lernen zu wollen. Ohne diese Eigenschaften kommt kein wirklich tiefes Gespräch ins Fließen und die aufzuarbeitenden Inhalte bleiben verborgen.
Darüber hinaus geht es um die Wahrnehmung feinster Nuancen in der Stimmlage, der Gestik, der Mimik, Widersprüche zwischen diesen Ausdruckskanälen und manchmal auch um Wahrnehmungen die sich den materiellen Sinnen gänzlich entziehen. Erst hierin entfalten sich die feinen Zwischentöne der Kommunikation und hier sind die Informationen verborgen, die für die heilenden Erkenntnisse oft nötig sind. Dies erfordert ein hohes Maß an Konzentration und ist oft nicht weniger anstrengend, als eine physische Arbeit, zumal parallel zum Zuhören noch die Dokumentation erfolgt, man das Gesagte reflektieren muss und natürlich auch noch zielführende Fragen formulieren sollte. Doch ohne all diese Arbeitsschritte ist es eben nur einfaches Zuhören und das ist dann nicht ansatzweise so heilsam. Es geht nämlich in Wirklichkeit um einen tiefen, vertrauensvollen Kontakt auf der seelischen Ebene und den zu etablieren ist eine Kunst.
Dies sind nur ein paar Aspekte des aktiven Zuhörens, die ich hier beschreiben möchte. Die fundierte Ausbildung in Psychologie und zusätzlichen Techniken, die nötig sind, um die meist verborgenen Facetten der Kommunikation und die inneren Prozesse zu entschlüsseln, lassen sich ohnehin nur kurz anreißen. Kurzum: Zuhören ist nicht gleich Zuhören. Zwischen jemandem, der einfach ein offenes Ohr hat und jemandem, der durch seine Anwesenheit die Tore zur Seele eines anderen Menschen öffnet, besteht verständlicherweise ein großer Unterschied und meine Erfahrung ist, dass die meisten Menschen tatsächlich noch nie die Erfahrung gemacht haben, dass ihnen jemand wirklich zugehört hat und nur so kann ich mir erklären, dass manche Menschen denken, ich würde doch einfach nur da sitzen und zuhören.
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